Roldisleben und seine Geschichte                                      

In einer Sammlung zur Ortsgeschichte, die den  Namen „Geschichten und Bilder aus Roldislebens Vergangenheit“ trägt, ist die Vermutung festgehalten, dass der Ort bereits im 2. Jh. n. Chr. gegründet worden ist. Der Name Roldisleben weist wahrscheinlich darauf hin, dass einst ein Mann namens Ruolf oder Roldo das Land um den heutigen Ort als Lehen für besonders treue Dienste vom König erhielt.

Doch die weitere Entwicklung des Dorfes und das Leben der Menschen in ihm liegen, was die nachfolgenden Jahrhunderte betrifft, für uns gänzlichst im Dunkel.
Aus Urkunden vom Ende des 14. und Anfang des 15. Jahrhunderts wissen wir lediglich, dass sich das Dorf zu dieser Zeit im Besitz der Heldrunger Grafen befand, von denen es Ende des 15. Jh. an die Grafen von Stolberg überging.
Diese behielten lange Zeit die Oberlehnsherrlichkeit und das Patronat. Gleichzeitig gehörte Roldisleben zum Rittergut Ostramondra, mit dem es gemeinsam verlehnt und veräußert wurde.
Erst ab dem 17. Jh. haben wir detaillierte Kenntnisse über die Geschichte  des Ortes.
Das einzige wirkliche Zeugnis einer bereits langen Geschichte des Dorfes ist seine kleine, aber eindrucksvolle St. Peter- und Paulskirche. In ihr kann man  Spuren mehrerer Vorgängerkirchen entdecken. Mit Sicherheit lassen sie darauf schließen, dass bereits in romanischer Zeit an dieser Stelle eine Kirche stand, von deren Bausubstanz noch Teile bis heute erhalten geblieben sind.
Besonders stolz sind die Roldisleber auf einige einzigartige Kleinode aus alter Zeit, die zu dieser Kirche gehören. Da wäre zunächst die kleine Läuteglocke aus dem 14. Jh. zu erwähnen. Auf ihr ist in römischen Buchstaben die Jahreszahl 1367 zu lesen, dazu die Worte:“Dominica die Laetare. Amen. Dico vobis.“ (Am Sonntag Laetare. Wahrlich, ich sage euch.) Nicht zuletzt aber sind auch die
spätgotischen Schnitzfiguren aus dem 15. Jh. zu nennen, deren künstlerische Ausdrucksstärke ahnen lässt, dass sie aus einer herausragenden Künstlerwerkstatt stammen müssen.
Möglicherweise aber gibt es doch noch einige Zeugen aus alter Zeit in Roldisleben: nämlich den Gedenkstein für die Gefallenen und vermissten der beiden Weltkriege.  Dieser Stein ist ein Findlingsstein. Er soll bei Gottesdiensten verwendet worden sein.
Nach alten Überlieferungen sind  - in der Zeit, als die Kirche zerstört war - bei  ihm dann wieder die Einwohner zu Gottesdiensten und Feiern zusammengekommen.
Nach dem 1. Weltkrieg wurde er im Dorfe aufgestellt und mit einer Gedenktafel versehen.
Das gesamte Mahnmal konnte aus Spenden der Einwohnerschaft unter Mithilfe der Stadt Rastenberg 1998 erneuert werden und erinnert nun an die  gefallenen und vermissten Roldisleber aus beiden Weltkriegen.
Doch wie gesagt: Zeugnisse aus der Zeit vor dem 30-jährigen Krieg gibt es in und über Roldisleben nur sehr wenige. Bei den Zerstörungen, die die verschiedensten Söldnertruppen hier anrichteten, wurde fast alles vernichtet, was aus früheren Zeiten stammte.
Was aber war konkret in diesem Krieg geschehen?
Pfarrer Esaijas Caesar, der von 1617 - 1638 Pastor in Roldisleben war, berichtete über diese schrecklichen Zeiten in einem Schreiben an die kirchliche  Landesbehörde wie folgt:
„ …..Anno 1631 … ist es sonderlich wegen der Plünderung viel ärger gegangen, als
in den hochheiligen Weihnachtsferien von der Magdeburgischen Einnehmung. Ein ganz Regiment Lüneburgische zu Fuss hat hier an diesen wenigen Ortschaften ein Nachtquartier genommen, an die 2000 Mann zu Fuss und 400 zu Pferde stark.
Anno 1632 … fallen 1500 Kroaten in das Dorf Roldisleben ein, machen alles preis und nehmen mich gefangen, da ich unter freien Himmel an der Kirche zur Decollation  (Enthauptung) habe niederknien müssen. Ich bin aber durch Gottes wunderbare Erlösung an dem Leben erhalten worden:“
Nach der mündlichen Überlieferung soll Pfarrer Caesar vor der Kirchtür auf dem damaligen Friedhof enthauptet werden. Zuvor aber habe man ihm gestattet, noch ein Gebet zu sprechen. Er hätte dann ein so wundervoll ergreifendes Gebet gesprochen, dass der Kroatenführer, der ihn hinrichten lassen wollte, ihn an den Haaren vom Erdboden empor zog und mit den Worten, „Dass dieser Ketzer für den Teufel noch nicht reif sei“, beiseite schleuderte und laufen ließ.

Im Oktober 1636 „geht das ganze Dorf bis auf etwa 6 Häuser in einer Stunde in Flammen auf und in Feuer dahin. Darauf machte bald ein ganzes schwedisches Regiment auf 3 Tage und 3 Nächte Quartier. Darauf folgt die ganze kaiserlicher Armee, nehmen das, was der Brand gelassen hatte.“ , schrieb Pfarrer Caesar weiter. 1637 fielen wiederum Truppen in das Dorf ein, zerstörten, was noch verblieben war und beraubten die Einwohner ihrer gesamten noch verbliebenen Habe. Da ihnen alles Vieh genommen war und die Felder erst gar nicht mehr bestellt wurden, herrschte große Hungersnot. Eine Läuteglocke und ein Abendmahlskelch waren bereits verkauft worden, um die Not wenigstens vorübergehend zu lindern. Zudem hatten die Menschen der gesamten Gegend in dieser Zeit unter schlimmen Seuchen zu leiden, die große Opfer forderten. Von der Einwohnerschaft Roldislebens lebte also höchstens noch ein kleiner Rest. Das Dorf war fast gänzlich zerstört. Nur die Grundmauern der Kirche standen noch.
Erst nach Ende des Krieges und dem Abschluss des Westfälischen Friedens konnte an den Wiederaufbau des zerstörten Dorfes gedacht werden.

Im Jahre 1649 ist nachweislich mit dem Wiederaufbau begonnen worden. Bis dahin werden die Bewohner, so sie nicht anderorts unterkommen konnten, unter ärmlichsten Verhältnissen ihr Leben gefristet haben. Im Taufregister des ältesten, erhaltenen Kirchenbuches von Roldisleben ist ein höchst interessanter Eintrag zu lesen. Vor der ersten beurkundeten Taufe eines Kindes namens Johann Nicol Mölzer, die am 19. August 1649 stattfand, ist folgender Vermerk zu lesen:“ Vorher ist das Dorff Rolldißleben eine Zeitlang wüste gewesen: Und in folgend Jahren mählich aufgebauet worden, und sind die getaufften von d. Schulmeister Johann Quaasen eingeschrieben worden.“
Dies ist der schriftliche Beweis dafür, dass tatsächlich 1649 mit dem Wiederaufbau des Dorfes begonnen wurde.

Nach dem 30-jährigen Krieg folgte eine lange Zeit des Friedens, in der es zunächst darum ging, das Dorf so schnell als möglich wieder aufzubauen und zu geordneten Verhältnissen zu finden. Dies war spätestens im Jahre 1653 erreicht. Denn in diesem Jahr amtierte in Roldisleben wieder offiziell ein Pfarrer (Johannes Assing).
Nach einigen Jahren betrug dann die Zahl der Einwohner ca. 275 Erwachsene, die über lange Zeit für den Ort Bestand hatte. Berücksichtigt man aber die Tatsache, dass viele Familien - sogar noch bis in ins 20. Jahrhundert hinein - ausgesprochen kinderreich gewesen sind, so steht fest, dass die Einwohnerzahl in Wirklichkeit oft ein Mehrfaches betragen hat.
Lebensgrundlage der Menschen war die Landwirtschaft, für die die Bedingungen um Roldisleben ausgesprochen gut sind. Aber mit den kleineren bis höchstens mittelgroßen Landwirtschaftsbetrieben allein konnte der Lebensunterhalt nicht erwirtschaftet werden. So bestanden im Ort vor allem Leinewebereien und Seilereien, die neben der Landwirtschaft das wirtschaftliche Auskommen der Familien zu sichern halfen.
Auch die Seifensiederei und eine kleine Strumpffabrikation wurden in Roldisleben betrieben.
Außerdem gab es im Ort eine Schmiede, eine Zimmermannswerkstatt, eine Weißbäckerei und eine Gemeindebäckerei. Viele dieser Nebenerwerbszweige verloren im 19. Jh. durch das Aufkommen der Industrie ihre Bedeutung. Sie konnten mit dieser Konkurrenz nicht mithalten und mussten aufgegeben werden. Nicht wenige aus der Einwohnerschaft wanderten daraufhin in die Städte oder nach Übersee aus. So waren es zumeist bescheidene, manchmal auch ärmliche Verhältnisse, unter denen die Menschen damals in Roldisleben lebten.
Besondere und hervorhebenswerte Ereignisse gab es nur selten. An dieser Stelle wäre
allerdings der große Brand vom Spätherbst des Jahres 1828 zu nennen, bei dem viele Gebäude und Landwirtschaftsbetriebe im Bereich der Kirche ein Raub der Flammen wurden. Verheerende Naturkatastrophen ereigneten sich immer wieder. Insbesondere durch Hagelschlag und Hochwassereinbrüche wurden mehrmals ganze Ernten vernichtet und Gebäude im Ort erheblich in Mitleidenschaft gezogen (1839, 1848, 1859, 1885, 1890), aber auch mehrmals im 20. Jahrhundert.
Vor Roldisleben verlief die Grenze zwischen dem Großherzogtum Sachsen-Weimar-Eisenach und dem Königreich Preußen, zu dem der Ort seit 1815 gehörte. Roldisleben war also ein Grenzort, in dem auch ein Zollhaus stand. Noch bis zum heutigen Tag hört man immer wieder die Bezeichnung „Die kleine Schweiz“. Diesen Namen prägte der Volksmund, insbesondere im benachbarten Rastenberg. Die Bezeichnung Kleine Schweiz"wird von den Roldislebern selbst eher wohlwollend und keineswegs ungern gehört wird.
Nach dem 1. Weltkrieg  gehörte das Dorf zum Land Sachsen-Anhalt und zum Kreis Eckartsberga, dessen Verwaltungssitz sich aber über viele Jahre in Kölleda befand. Anfang der 50-er Jahre des 20. Jhd., als die damalige DDR in Bezirke aufgeteilt wurde, kam Roldisleben zum Bezirk Erfurt.
Schmerzliche Abschiede hatte der Ort in den vergangenen Jahrzehnten des 20. Jh. zu verkraften.
Da wären zuallererst an die Gefallenen und Vermissten der beiden Weltkriege zu denken.
Am 14.03.1931 trat der letzte ortsansässige Roldisleber Pfarrer, Paul Boschütz, in den Ruhestand.
Im Jahre 1970 wurde der letzte verbliebene Rest eines örtlichen Schulbetriebes eingestellt.
1994 verlor der Ort auch seine politische Eigenständigkeit.
Mit der Eingemeindung in die Stadt Rastenberg trat der letzte hauptamtliche  Bürgemeister von Roldisleben in den Ruhestand.

So wie die kleine Kirche im Herzen des Ortes steht, so wirke der allmächtige und gütige Gott unter den Menschen in Roldisleben.